Jülicher Schlosskonzerte©
Klassische Kammermusik im historischen Ambiente - seit 1979
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Danfeng Shen, 1. Violine Antonia Rankersberger, 2. Violine Lyu Xiang, Viola Ivan Valentin Hollup Roald, Violoncello
„Aus der chinesischen Philosophie kommt der Gedanke eines großen Ganzen in dem sich die Gegensätze bedingen und ergänzen. Anhand dieser Idee verbinden wir Komplexität und Einfachheit. Als vier unterschiedliche Individuen gestalten wir gemeinsam die Einheit des Streichquartetts, die Königsgattung der Kammermusik.“ Das Simply Quartet gehört zu den aufstrebenden Streichquartetten der neuen Generation und setzt sich aus Musikern aus drei verschiedenen Nationen zusammen. Die Ensemblemitglieder kommen aus China, Norwegen und Österreich und erlangten als junges, internationales Ensemble bereits großes Ansehen in der Kammermusikszene. Das Simply Quartet sucht stetig nach einem tiefen Verständnis der der Musik inhärenten Sprache: von früh-klassischen Werken bis zur modernen Streichquartett-Literatur. Ein großes Augenmerk legen sie auf die Verbindung der drei kontrastierenden Kulturen aus denen sie schöpfen, um eine ganz eigene musikalische Sprache zu entwickeln, durch die Beschäftigung mit Werken aus jeder ihrer Kulturen vertiefen sie ihre Kenntnis unterschiedlicher Klangwelten. Ursprünglich in Schanghai unter der Schirmherrschaft von Jensen Horn-Sin Lam gegründet, siedelte das Quartett nach Wien über, um sich hier intensiv mit der Essenz und dem Ursprung des Quartettspiels auseinanderzusetzen. Am Joseph Haydn Institut der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien studiert das Ensemble mit Johannes Meissl, der seit dem Wechsel nach Österreich zum wichtigsten Mentor des Ensembles geworden ist. Weitere Einflüsse sammelt das Quartett in der Klasse von Günter Pichler an der Reina Sofía School of Music in Madrid, der es seit 2020 angehört. Das Quartett wurde bereits mit vier ersten Preisen bei namhaften Kammermusikwettbewerben ausgezeichnet: Beim Internationalen Carl Nielsen Wettbewerb in Kopenhagen & dem „Quatuor á Bordeaux“ in 2019, dem „Franz Schubert und die Musik der Moderne“ in Graz in 2018 sowie in 2017 beim Internationalen Joseph Haydn Kammermusikwettbewerb in Wien. In der Saison 2021/2022 gehörte das Simply Quartet zu den ausgewählten Ensembles der ECHO Rising Stars Reihe mit Konzerten u.a. im BOZAR Brüssel, dem Festspielhaus Baden Baden und dem Concertgebouw Amsterdam. Die österreichische Komponistin Julia Lacherstorfer komponierte für diese Tourneen ein Streichquartett. Neben den ECHO Rising Stars Konzerten, feierte das Ensemble in der gleichen Saison sein Debüt in der Berliner Philharmonie und der Philharmonie de Paris. Im Wiener Konzerthaus ist das Simply Quartet Teil des Great Talent Programms. Zusätzlich zu Konzerten erfahren die KünstlerInnen in dessen Rahmen intensive künstlerische Unterstützung. Der Primarius Danfeng Shen spielt eine Violine von Giovanni Battista Guadagnini aus dem Jahr 1753, die ihm dank einer großzügigen Leihgabe der MERITO String Instruments Trust GmbH zur Verfügung steht. Antonia Rankersberger spielt eine Violine von Ferdinando Gagliano aus den Jahren 1770-1780 (Neapel), die ihr von der Österreichischen Nationalbank zur Verfügung gestellt wird.
Danfeng Shen gehört zu den herausragendsten und versiertesten Geigern
seiner Generation. Sowohl als Solist als auch als Kammermusiker hat er sich
bereits einen Namen gemacht und ist auf den großen Bühnen der klassischen Elite
wie der Philharmonie de Paris, der Berliner Philharmonie und dem Wiener
Konzerthaus, regelmäßig zu Gast.
Antonia Rankersberger, geboren 1997 in Neuberg an der Mürz, begann im
Alter von fünf Jahren mit dem Violinspiel. Ihren ersten Unterricht erhielt sie
bei Monika Witzany in Mürzzuschlag. Bereits zwei Jahre später trat sie mit dem
Violinkonzert in h-Moll von Oskar Rieding unter Nikolaus Harnoncourt öffentlich
auf. Zahlreiche Fernseh- und Radioaufnahmen folgten. Im Jahr 2010 wurde sie in
den Hochbegabtenlehrgang der Universität für Musik und darstellende Kunst
aufgenommen, wo sie bei Ulla und Veronika Schulz studierte. Ab 2013 war sie
Konzertfachstudentin in der Klasse von Gerhard Schulz und seit 2019 erhält
Antonia ihre musikalischen Impulse von Ulf Wallin.
Lyu Xiang, geboren in Schanghai, erhielt seinen ersten Violinunterricht
im Alter von acht Jahren bei Weng Rongjin und Yu Lina. Mit 13 Jahren wechselte
er zur Viola und begann sein Studium am Conservatory of Music in Schanghai bei
Xidi Shen, Sheng Li und Jensen Horn sin Lam. 2011 begann er sein
Konzertfachstudium an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien
bei Wolfgang Klos, welches er mit Auszeichnung abschloss. Dafür erhielt er den
Würdigungspreis des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung.
Seit 2011 studiert er Kammermusik bei Johannes Meissl. Er belegte außerdem
Meisterkurse bei Nobuko Imai, Hatto Beyerle, Hariolf Schlichtig, Patrick Jüdt,
Yuri Bashmet, Lawrence Power und Antoine Tamestit. Xiang ist als Solist und als Kammermusiker bei zahlreichen Festivals aufgetreten, darunter dem Verbier Festival, Casals Festival, Gent Festival, Davos Festival, Ravenna Festival der Internationale Sommerakademie Prag-Wien-Budapest, „Viola Space“ in Tokyo und „Viva La Viola“ in Schanghai. Er arbeitete in kammermusikalischen Projekten mit herausragenden Musikern wie Michel Lethiec, Hagai Shaham, Jerome Pernoo und Thomas Hoppe zusammen.
Ivan Valentin Hollup Roald studierte Cello an der Norwegischen Musikhochschule mit Prof. Truls Mørk und mit Prof. Aage Kvalbein. Zurzeit studiert er am Joseph Haydn Institut für Kammermusik an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, mit Prof. Johannes Meissl und Prof. Stefan Kropfitsch. Ivan Valentin hat in diversen Meisterkursen mit u.a. Torleif Thedéen, Gavriel Lipkind, Maria Kliegel, Reinhard Latzko und Frans Helmerson gearbeitet. Er hat Kammermusik mit u.a. Lars Anders Tomter, Liza Ferschtman und Henri Demarquette gespielt. Beim Kammermusikwettbewerb der Norwegischen Musikhochschule hat er zwei Mal den 1. Preis gewonnen. Wichtige Lehrer im Fach der Kammermusik sind Hatto Beyerle, Are Sandbakken, Lars Anders Tomter, Avedis Kouyoumdjian, Andrew Manze, Clive Brown und das Vertavo String Quartet. Ivan Valentin war viele Jahre lang Mitglied von Aksiom, einem Ensemble für zeitgenössische Musik in Oslo, in welchem er mit einigen von den vielversprechendsten jungen nördlichen Komponisten zusammenarbeiten konnte. Ivan Valentin spielt regelmäßig in einigen norwegischen Orchestern z.B. bei den Oslo Philharmonikern, Bergen Philharmonikern und dem Norwegischen Rundfunkorchester.
Das Programm
Joseph Haydn (1732 - 1809) Streichquartett op. 20 Nr.4
Allegro di molto Un poco Adagio di molto Menuet alla Zingarese Presto e Scherzando
Fanny Mendelssohn-Hensel (1805 - 1847) Streichquartett Es-Dur
Adagio ma non troppo Allegretto Romanze Allegro molto vivace
- Pause -
Antonín Dvořák (1841 - 1904) Streichquartett Nr. 14, op. 105
Allegro di molto Un poco Adagio di molto Menuet alla Zingarese Presto e Scherzando
Zugabe: Das Menuett aus Opus 27/1 von Joseph Haydn
Zum Programm Das D-Dur-Quartett, op. 20,4 hat Joseph Haydns Ruhm als Komponist von Kammermusik begründet. Der Heiterkeit des Kopfsatzes kontrastieren die Variationen des zweiten Satzes durch ihr ernstes d-moll-Thema. Es wird im vierstimmigen Satz affettuoso vorgetragen und nach drei Variationen in einen träumerisch-verhangenen Sotto-Voce-Klang getaucht. Im Menuett wird dieser melancholische Schleier wieder weggenommen. Die Überschrift „Alla zingarese“ lässt schon erahnen, dass Elemente der „Zigeunermusik“ verarbeitet werden. Im eigenwilligen Rhythmus musizieren Geige und Cello im Zweier- statt im Dreiertakt und spielen noch dazu um ein Viertel gegeneinander verschoben. Es entsteht ein musikalisches Verwirrspiel. Fanny Mendelssohns Kompositionen blieben bis auf wenige Lieder zu ihren Lebzeiten ungedruckt. Seit den 1980er Jahren wurden sie zum ersten Mal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. So auch ihr einziges Streichquartett in Es-Dur. Günter Marx, der Herausgeber des Quartetts, formuliert dessen Eigenart so: „Der erste Satz des Quartetts, Adagio ma non troppo, ist wie eine Fantasie, formal wie harmonisch weniger Bauwerk als organisch gewachsenes Gewebe. Das Allegretto (c-Moll) ist einem Scherzo ähnlich. An die Stelle eines Trios tritt ein Fugato, das harmonisch sehr bewegt bis nach fis-Moll moduliert und immer wieder das Scherzo-Anfangsmotiv mit einbezieht, bevor es zu einem stark verkürzten Da Capo kommt. Die Romanze (g-Moll) begnügt sich nicht mit der unterschiedlichen Ausleuchtung des schönen liedhaften Themas, sondern erzählt, höchst romantisch, ein ganzes Drama. Im übermütigen letzten Satz fällt auf, dass das Rondothema jedes Mal in zunehmend abgewandelter Form erscheint.“ Antonín Dvořák hat das As-dur-Streichquartett op. 105 am 26. März 1895, kurz bevor er am 16. April Amerika endgültig verließ, in New York begonnen. Es ist reich an kantablen Motiven und Themen und überzeugt durch deren kunstvolle und kontrastreiche Verarbeitung. Der Kopfsatz beginnt mit einer bei Dvořák ungewohnt langsamen Einleitung von 14 Takten in düsterem as-moll. Sie führt kanonartig einsetzend über verschiedene Schritte von Teilmotiven auf die ersten vier Takte des schnellen Hauptthemas hin; aus ihnen wird dann das ganze Thema entwickelt. Das zweite Thema des Satzes erinnert mit einem Triolenmotiv an Hornrufe. Der zweite Satz ohne Gattungsbezeichnung – Scherzando wäre wohl passend – ist ein reizvolles Stück in f-moll. Die wechselnde Betonung von 1 auf 3 gleich zu Beginn erinnert an den Furiant, dem der Wechsel von 2/4 zu 3/4-Takt eigen ist. Gleichwohl ist der Satz kein vehementer Furiant, wie man ihn etwa von einigen seiner Slawischen Tänze kennt. Im Des-dur-Trio verwendet Dvořák eine Melodie aus seiner Oper «Der Jakobiner» (1887/88). Liedhaft ist – wie die Satzbezeichnung „cantabile nahelegt“ – der langsame Satz. Dazu tragen nach dem chromatischen Mittelteil vogelstimmenartige melodische Umspielungen in der Wiederholung des Hauptteils bei. Das Finale wird vom Cello eröffnet, das, wenn auch sostenuto, gleich das Anfangsmotiv des Hauptthemas einführt. Nach elf Takten erscheint dieses dann im richtigen Tempo. Die 24 ersten Takte werden wiederholt – so kommt der umfangreiche Schlusssatz (524 Takte im 2/4-Takt) voller Energie in Gang. Eine mitreißende Stretta bringt das Quartett und damit Dvořáks Kammermusikschaffen zum Abschluss.
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Stand: 21. September 2022. |
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