Musikalische Märchenwelt
mit Aglika Genova und Liuben Dimitrov
Von
Hilde
Viehöfer-Emde
Jülich. Märchenhaft
schön waren nicht nur die beiden Werke, die Dornröschen-Suite von
Peter Iljitsch Tschaikowsky und Ma Mère l'Oye von Maurice Ravel. Die
beiden Pianisten Aglika Genova und Liuben Dimitrov bescherten dem
Publikum in der ausverkauften Schlosskapelle der Zitadelle einen
besonders gelungenen Konzertabend.
Selten konzertiert ein Klavierduo so technisch versiert und
musikalisch ausgeglichen wie Genova und Dimitrov. Zu kämpfen hatten
die Spitzenmusiker leider mit den technischen Mängeln des Flügels.
Dies erschwerte sicherlich ihr Spiel, tat aber zum Glück der
Präsentation der Werke keinen Abbruch, wenn auch bei schnellen
Läufen die Verzögerung der Tastenbeweglichkeit zu bemerken war.
Zwei Werke von Franz Schubert führten in die Welt der Klaviermusik.
Schubert hat sich besonders den vierhändigen Kompositionen gewidmet.
Seine Kompositionen sind von großem musikalischem Gehalt und
beweisen, dass vier Hände bei weitem reicher, differenzierter und
vollständiger musizieren können als die zwei Hände eines Pianisten.
So sieht Schubert den Partner nicht als Hemmnis, sondern als
willkommene Ergänzung und Bereicherung.
Die Fantasie für Klavier zu vier Händen f-moll op.103 entwickelte
düstere Stimmung, wechselte in den Sätzen zu melodisch
verschnörkelten Läufen und endete mit einer dramatischen
Schlusskadenz, die wie ein Schicksalsspruch erschallte. Von
lyrischer Schönheit getragen folgte das Andantino varié.
Dem Duo gelang es bestens, den intimen Charakter des Werkes
herauszuarbeiten. Sie zelebrierten die tänzelnden Melodien in zartem
Klangspiel und äußerst empfindsam.
Ein Genuss für die Zuhörer
Märchenhaft und mit einer Fülle liebenswürdiger Einfälle wartete die
Dornröschen-Suite von Peter Iljitsch Tschaikowsky auf. Die reizende
Unterhaltungsmusik, rhythmisch, melodisch und klanglich
einfallsreich, konnte der Zuhörer einfach nur genießen, vor allem
weil auch die Pianisten dieses technisch nicht so anspruchsvolle
Werk mit solch großer Freude spielten.
Buntes Kolorit bot auch Ma Mère l'Oye von Maurice Ravel. Auch von
tüchtigen Laien spielbar, wurde diese Komposition unter den Händen
der Pianisten zu einem Kleinod. Elegante musikalische Kunststückchen
reihten sich aneinander, zauberhafte Melodien betörten ebenso wie
der chinesische Marsch.
Ein bedeutendes Werk der Literatur für Klavier zu vier Händen ist
auch die Suite Six Èpigraphes antiques von Claude Débussy. Im
Klaviersatz erkannte der Zuhörer mit Leichtigkeit das Timbre anderer
Instrumente, zum Beispiel Flöte und Harfe. Freie Form und klassische
Haltung waren hier in friedlicher Synthese vereint.
Nach Umfang und Inhalt eigentlich eine Sonatine, barg die Sonate für
Klavier für vier Hände von Francis Poulenc für die Pianisten die
Gelegenheit, fast akrobatisches Können zu beweisen. Die verspielten,
leicht volkstümlichen Melodien erforderten ein Über- und
Untergreifen der Hände im ersten Satz. Der zweite Satz
versinnbildlichte die ländliche Idylle, heiter und unbeschwert
folgte der letzte Satz. Die Naivität und gleichzeitig das
Raffinement des Werkes brachten Genova und Dimitrov klangvoll zur
Geltung.
Trotz des rauschenden Applauses ließen die Künstler sich nicht zu
einer Zugabe bewegen. Völlig zu Recht, denn jedes noch so schöne
Werk hätte den gespannten Rahmen des Abends gesprengt und
beeinträchtigt.
(hivi) | 25.01.2012,
17:16
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